Auf den Spuren ehemaliger jüdischer Schüler der Großen Schule

Zahlreiche Besucherinnen und Besucher erschienen zur Ausstellungseröffnung „Gekommen um zu bleiben? – Jüdische Migranten aus Osteuropa im Braunschweiger Land“ am 07.11.2019 im Niedersächsischen Landesarchiv Wolfenbüttel, bei der auch der Religionskurs von Frau Heinemann des 11. Jahrgangs seine Projektergebnisse präsentierte. Die jungen Menschen begaben sich in den letzten Monaten auf die Spuren ehemaliger jüdischer Schüler der Großen Schule.Im Zusammenhang mit dem Wolfenbütteler Themenjahr „Jüdische Tradition und jüdisches Erbe in Wolfenbüttel“ hatte Prof. Dr. Helm bereits im vergangenen Schuljahr bei uns angefragt, ob es möglich sei, zu Ehren zweier sehr wichtiger jüdischer Schüler unserer Schule – Leopold Zunz und Joachim Esberg – eine Würdigung zu erarbeiten.

Nicht nur im Unterricht, sondern auch in vielen zusätzlichen Stunden außerhalb der Schule beschäftigte sich nun der Religionskurs von Frau Heinemann in den vergangenen Monaten sehr intensiv mit Leopold Zunz, dem Begründer der Wissenschaft des Judentums, der von 1807 bis 1811 die Große Schule besuchte, und dem deutsch-jüdischen Lyriker Joachim Esberg, dessen Leben in Auschwitz endete. Im Archiv der Großen Schule gab es aber leider kaum Material über die beiden Ehemaligen und deshalb entschied sich der Kurs, Leopold Zunz und Joachim Esberg im Kontext der Zeit zu erschließen.

Über die Ergebnisse des Projekts konnten sich die Besucherinnen und Besucher an sieben Stellwänden informieren, die jeweils von den Jugendlichen erläutert wurden. Auch ein Flyer, der sich den Gedichten Joachim Esbergs und deren Interpretation widmet sowie eine visuelle Leinwandimpression der Gedichte von Esberg, die im Foyer in einer Dauerschleife liefen, waren Teil der Ausstellung. „Durch die Beschäftigung mit den Gedichten Joachim Esbergs und unseren eigenen Interpretationen dazu haben wir uns intensiv mit den Gefühlen und Gedanken eines geflüchteten Juden auseinandergesetzt“, so Schülerin Tabea Kruse.

Musikalisch untermalt wurde die Eröffnungsveranstaltung ebenfalls von den jungen Menschen des Religionskurses, die zwischen den Ansprachen Klezmer-Musik unter der Leitung von Musiklehrerin Karin Löffler gekonnt zum Besten gaben.

Religionslehrerin Ruth Heinemann hob in ihrer Ansprache hervor, dass eine solche Projektarbeit die Förderung lebenswichtiger Kompetenzen ermögliche, die weit über die Lernziele des Fachs Religion hinausgingen. Das Ziel sei es, Schülerinnen und Schüler anzuleiten und sie zu mündigen, wissenden, neugierigen und kritischen Menschen zu entwickeln. Dass ihr dies gelungen ist, wird durch die Aussagen der Schüler Leopold von Wietersheim und Jan-Lukas Große deutlich: „Für uns war das Projekt eine willkommene Abwechslung zum normalen Unterricht, da wir auf eigene Faust die Schicksale und Werke der jüdischen Schüler und den Antisemitismus aufarbeiten konnten. Somit wurde auch die damalige Zeit für uns viel verständlicher. Aber diese intensive Beschäftigung mit den gezielten Mechanismen der Stärkung des Hasses gegen Juden im Nationalsozialismus hat uns auch ins Gewissen gerufen, dass wir die Aufgabe haben, die Werte eines freien Landes zu wahren in Zeiten des politischen Umschwungs mit der einhergehenden Verharmlosung der deutschen Geschichte und der offenen Fremdenfeindlichkeit in der Mitte der Gesellschaft.“

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Dr. Bei der Wieden, dem Abteilungsleiter des Niedersächsischen Landesarchivs Wolfenbüttel . Prof. Dr. Helm, Vorsitzende des Kulturstadt Wolfenbüttel e.V., hob anschließend in seinem Grußwort hervor, dass es auch ein Ziel der Ausstellung sei, die jüdische Tradition in Wolfenbüttel und damit ebenfalls das positive Verhältnis und Miteinander im 18. und 19. Jahrhundert zwischen Judentum und Christentum in Wolfenbüttel zu thematisieren. Dabei ließ er aber auch nicht außer Acht, dass die Einwanderinnen und Einwanderer aus Osteuropa, die vor bzw. nach dem 1. Weltkrieg in Wolfenbüttel eintrafen, auch immer wieder Anfeindungen ausgesetzt waren. Im Anschluss führten Frau Denz und Herr Brandt die Gäste durch die Ausstellung „Gekommen um zu bleiben? – Jüdische Migranten aus Osteuropa im Braunschweiger Land“ und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Religionskurses erläuterten den Besucherinnen und Besuchern im Foyer ihr Schülerprojekt.

Ganz herzlich bedankte sich Ruth Heinemann bei Prof. Dr. Helm für das von ihm entgegengebrachte Vertrauen, bei Dr. Bei der Wieden für seine offene und hilfsbereite Aufnahme im Niedersächsischen Landesarchiv Wolfenbüttel, bei Frau Denz für ihre unkomplizierte Unterstützung und die Aufnahme des Schülerprojekts in ihren Ausstellungsrahmen und natürlich bei ihrem Religionskurs: „Mein allergrößter Dank gilt meiner Religionsklasse, die immer optimistisch, einsatzfreudig, engagiert und kompetent über lange Zeit an diesem Projekt gearbeitet hat. Ihr seid meine Helden. Ich bin so stolz auf euch!“

Wir gratulieren allen Beteiligten ganz herzlich zu dieser gelungenen Ausstellungseröffnung.

Frauke Neumann