Treibende Quallen und tänzelnde Finger

Schülerinnen und Schüler der Großen Schule lassen die abstrakten Werke von Kirsten Mosel im Kunstverein aufleben.

Wolfenbüttel. Am vergangenen Dienstag führte es eine Schülergruppe in den nahegelegenen Kunstverein Wolfenbüttel, in welchem derzeit die retrospektive Ausstellung „Intervall II“ der Wolfenbütteler Künstlerin Kirsten Mosel zu sehen ist.

Noch während der Begrüßung durch Stine Hollmann, der Leiterin des Kunstvereins, wanderten die neugierigen Schülerblicke ohne Umwege zu den großformatigen Malereien und Cut-Outs von Kirsten Mosel, die noch bis zum 23. Oktober 2022 in den drei lichtdurchfluteten Ausstellungsräumen des Kunstvereins ausgestellt sind. In einem lockeren Gespräch, versammelt vor der zweiteiligen Malerei „face to face“ (1988/1989), wurde zunächst die angewandte Maltechnik ergründet, um sich im Anschluss mit dem eigentlichen Sehen, Lesen und Interpretieren der abstrakten Kunst zu beschäftigen. Wie Stine Hollmann in der dialogischen Führung anführte, scheinen die Grenzen zwischen Bild und Betrachtenden in den abstrakten Kunstwerken Mosels zu verschwimmen. Wer sich darauf einlassen, würde selbst zum Mittelpunkt intensiver Farbräume und könne sich laut Hollmann ihrer Wirkung nur schwer entziehen. Auch für den Kunstprofessor Rolf Bier wirke die Farbe in Mosels Arbeiten wie ein Medium, in dem die Formen und Elemente eher zu schwimmen als festgeschrieben zu sein scheinen. Umso überraschender, dass die Siebtklässler die Motive einer Sonnenbrille, eines Augenpaares und einer Karosserie in Mosels Arbeit „face to face“ sicherstellten.

Fasziniert von den farbintensiven Malereien und Cut-Outs, wurde die Schülergruppe in einem anschließenden Workshop eingeladen, die vielschichtigen, oftmals auf den ersten Blick verborgenen Formen aus Mosels Werken für einen mehrfarbigen Linoldruck zu verwenden. Die Kunstlehrerin Lea Torrisi entwickelte einen Arbeitsauftrag, bei dem die Schülergruppe mittels der Zoom-Funktion ihrer Handykameras passende Bildausschnitte für sich selbst finden sollten, um in einem darauffolgenden Arbeitsschritt erste Buntstiftzeichnungen anzufertigen. Mit der Übersetzung der Farben und Formen aus der Ausstellung in eigene Hochdrucke aktivieren die Schülerinnen und Schüler das Werk der 2018 verstorbenen Künstlerin und entdecken ihre Aktualität.

Lea Torrisi